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Statussymbol Fahrrad: Der vorhersehbare Trend
Das Fahrradfahren erlebt einen Boom wie nie zuvor in Deutschland. Hier erfährst du, wie jetzt auch das Fahrrad als Statussymbol Fuß gefasst hat.
- Auf einen Blick
Als du dich zuletzt aufs Rad geschwungen hast – dachtest du dabei auch daran, auf einem Statussymbol unterwegs zu sein? Der Fahrradboom in Deutschland bringt es mit sich, dass der Reiz größer wird, sich über den Kauf eines entsprechenden Bikes von anderen abzusetzen. Wir gehen der Frage nach, wie das Fahrrad als Statussymbol anerkannt wurde, was die Besonderheit daran ist und – Achtung Spoiler! – welche Rolle dabei der Bildungsstand hat. Denn das Radfahren an sich, fortschrittliches Mobilitätsdenken und ökologische Sensibilität für nachhaltige Verkehrskonzepte haben in der Mitte der Gesellschaft auch ein neues Trendbewusstsein entstehen lassen. Lies, was die Wahl des Fahrrads über uns aussagt und warum Radfahren heute ein Statement ist.
Statussymbol Fahrrad: Was soll’s denn kosten?
Lange her die Zeiten, als das Fahrrad noch als Auto des „kleinen Mannes“ galt. Heute fahren nahezu alle, die dies auch möchte, ein Automobil. Und Formulierungen wie der „kleine Mann“ sorgen im genderneutralen Neusprech für ungeteilte Entrüstung. Das Fahrrad aber rollt weiter und erfreut sich als wichtiger Teil der Mobilitätswende einer beeindruckenden Renaissance. Aus dem zweirädrigen Gebrauchsgegenstand ist vielerorts ein Trendobjekt geworden, für das man gerne Geld auszugeben bereit ist.
Der ADFC empfiehlt, für ein Mountainbike 800 Euro, für ein E-Bike mindestens 1.800 Euro auszugeben, wenn man sich einigermaßen gute Qualität wünscht. Da fehlt nicht viel, um sich einen kleinen Gebrauchtwagen mit hohem Tachostand zu leisten. Der aufgerufene Durchschnittspreis eines E-Bikes lag 2022 in Deutschland jedoch bei 3.680 Euro, wie das Online-Preisvergleichportal guenstiger.de ermitteln konnte – also doppelt so hoch wie die ADFC-Empfehlung. So lässt sich allein kostenmäßig vermuten, dass viele Deutsche inzwischen ihr Fahrrad als Statussymbol sehen.
So wurde aus dem Drahtesel ein Statussymbol
Was aber ist am Fahrrad so besonders, dass es nicht nur beliebt, sondern auch so angesagt ist wie aktuell kein zweites Verkehrsmittel? Sicher stehen dahinter durchaus die mannigfaltigen Marketingaktivitäten einschlägiger Agenturen, um sowohl das Produkt als auch das Konzept Fahrradfahren erfolgreich zu vermarkten. Es gibt spezielle Online-Marketing-Plattformen für die Fahrradbranche, Zielgruppenwerbung und Beratungsfirmen, die digitale Strategien für Handelr und kommunale Institutionen anbieten.
Der erste Hinweis auf das Statussymbol Fahrrad ist aber viel mehr noch die Marktdurchsättigung. Wer vor 100 Jahren ein Automobil sein Eigen nannte, war per se herausgehoben. Aus dem Symbol für Wohlstand und technischen Fortschritt wurde jedoch erst ein Statussymbol, als das Auto bereits ein Massenprodukt war und man sich durch die Wahl eines bestimmten Modells oder einer Marke differenzieren konnte. In diesem Stadium scheint Deutschland beim Thema Fahrrad nun angekommen zu sein. Laut dem Statistik-Portal Statista rollten 2022 beachtliche 82,8 Millionen Fahrräder durch Deutschland – ungefähr eines pro Einwohner.
Fahrrad als Statussymbol? Design ist alles!
Statussymbole sind nicht nutzenorientiert. Im Gegenteil: Je mehr man es sich leisten kann, ein Produkt zu besitzen, das man in dieser Aufmachung und Qualität eigentlich gar nicht benötigt, unterstreicht man seinen individuellen Wertekosmos, sein gehobenes soziales Milieu und den eigenen Erfolg im Leben. Statussymbole folgen einem Trend, dienen aber der Abgrenzung. Und natürlich spielt dabei der Preis eine Rolle. Das teuerste Fahrrad der Welt kostet übrigens eine Million Dollar und ist mit Diamanten geschmückt.
Das Managermagazin hatte schon vor einiger Zeit unter der Headline „Fahrrad statt Ferrari“ eine scharfsinnige Analyse dieses Phänomens veröffentlicht. Demnach tauschen heute viele Städterinnen und Städter ihr Auto bereitwillig gegen ein prestigeträchtiges Bike, bei dem es vor allem auf das Aussehen ankommt. Die Technik ist zweitrangig. Hintergrund: Gerade bei jungen Menschen geht die emotionale Bindung an den Pkw als Statussymbol rapide zurück. Diese übertrage sich nun auf das Fahrrad, wobei die Optik zum alles entscheidenden Kriterium gehört. Dieser Trend ist aber eine Sache des urbanen Raums, wo die Demotorisierung des Straßenverkehrs größere Fortschritte macht als auf dem Land.
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Der Radverkehr als Bildungsindikator
Der Soziologe Ansgar Hudde hat aber noch mehr herausgefunden. Das Statussymbol Fahrrad ist auch für ihn zuerst einmal ein städtisches Phänomen. Und dann hat es offenbar etwas mit dem Bildungsniveau zu tun – so das überraschende Ergebnis seiner Studien „Der ungleiche Fahrradboom in Deutschland“ sowie „Bildungsunterschiede beim Fahrradfahren: Evidenz aus Deutschen Städten“. Wie bitte, wirst du vielleicht denken, das Fahrrad als Symbol eines Bildungsunterschieds? Und sich dann an Zeiten erinnern, als die anscheinend weniger gebildeten Zeitgenossen nicht das nötige Kleingeld für ein PS-starkes Fahrzeug hatten und deshalb aufs Fahrrad stiegen.
Heute ist das anders. Hudde hat 800.000 Wege von 55.000 Radfahrenden ausgewertet, die das Deutsche Mobilitätspanel zur Verfügung stellt sowie außerdem Daten des Sozioökonomischen Panels. Demnach hat der Radverkehr zwischen 1996 und 2018 um 40 Prozent zugelegt. Der Soziologe ist sich gegenüber den Medien sicher: "Es gibt immer mehr Menschen mit höherer Bildung und die fahren immer mehr Fahrrad. Beide Trends setzen sich aktuell ungebremst fort". Der Bildungsgrad, das gestiegene ökologischen Bewusstsein, das Bedürfnis nach körperlichem Ausgleich zum Bürojob – alles Faktoren, den eigenen Status auch mit dem richtigen Rad zu untermauern.
Statussymbol Fahrrad und die soziale Gleichheit
Im großen Fahrradklimatest des ADFC stechen ohnehin die Universitätsstädte heraus. Hudde: "Personen mit Hochschulabschluss nutzen in der Stadt das Fahrrad fast fünfzig Prozent häufiger als Personen ohne Hochschulabschluss, wobei Faktoren wie Alter, Geschlecht und Wohnort bei der Untersuchung konstant gehalten wurden".
Das habe auch Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. So vermutet der Soziologe, dass bildungsnahe Bevölkerungsgruppen Stadtviertel bevorzugten, die eine gute Fahrrad-Infrastruktur haben. Dort aber, wo die Bike-Hippster mit Abi und Hochschulabschluss unter sich sind, ist dann das Statussymbol Fahrrad ein Merkmal, um auf Individualität hinzuweisen. Auf den Zusammenhang von Bildung und Einkommen muss nicht eigens hingewiesen werden. Er scheint heute offenbar essenziell für den urbanen Radverkehr in Deutschland zu sein. Aber was ist mit ländlichen Gegenden und bildungsferneren Bevölkerungsschichten? Wo bewährt sich das Fahrrad, ohne unbedingt als Statussymbol zu gelten. Darauf hat der Kölner Soziologe eine klare Antwort: “Wenn es der Politik gelingt, das Radfahren für alle attraktiv zu machen, bedeutet das: lebenswertere Orte, bessere Gesundheit, mehr Umweltschutz und weniger soziale Ungleichheit".